Bericht zur solidarischen Prozessbeobachtung

Heute fand vor dem Amtsgericht Stuttgart ein Prozess gegen einen Stuttgarter Antifaschisten statt, welcher wegen einer Solidaritätskundgebung zu Chemnitz am 29.08.2018 am Marienplatz angeklagt wurde. Vorgeworfen wurde ihm einen Polizisten tätlich angegriffen zu haben.

 

Was war geschehen?

Am 26 und 27.08.2018 kam es in Chemnitz zu progromartigen Ausschreitungen von Faschisten. Hierbei kam es zu mehreren Jagdszenen auf MigrantInnen und Linke. Als Zeichen der Solidarität mit den Linken Strukturen vor Ort gab es in Stuttgart eine spontane Kundgebung mit anschließender Sponti. Während der Sponti kam es immer wieder zu willkürlichen Angriffen seitens der Polizei. Im Zuge dieser Angriffe wird dem Genossen nun vorgeworfen, er habe einen Polizisten „tätlich angegriffen“, indem er sich nach dem Schlag des Polizeibeamten an dessen Arm festgehalten hat.

Der Prozess:

Ironisch, wie allein der Tatvorwurf an sich, zog sich der gesamte Prozess auch weiter. Doch dazu später mehr. Es versammelten sich heute vor dem Amtsgericht Stuttgart rund 25 AntifaschistInnen, um den Prozess zu begleiten und ihre Solidarität mit dem angeklagten Antifaschisten sichtbar zu machen. Nach massiven Vorkontrollen mit Metallscanner und Taschenkontrollen ging der Prozess los.

Nach der Verlesung der Anklageschrift und einigen technischen Schwierigkeiten bei dem Versuch, die Beweisvideos einzusehen, wurde nun auch der „geschädigte“ Polizist befragt. Der anfängliche Versuch, lediglich sein eigenes Protokoll vorzulesen, wurde durch den Verteidiger des Angeklagten konsequent unterbunden. Nach gezielten Fragen stellte sich heraus, dass der Polizist nicht wusste, warum er die Demonstranten aufhalten sollte. Er hatte einfach nur den Befehl ausführt, ohne groß darüber nachzudenken. Nach der Nachfrage seitens der Verteidigung, ob es überhaupt notwendig sei, diesen Prozess weiterzuführen, einigten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf Einstellung nach §153a und der Auflage 800€ Geldstrafe.

Richterin mahnt, wir kämpfen weiter!

Am Schluss richtete die Richterin noch mahnende Worte an den angeklagten Genossen, er solle sich in Zukunft zusammenreißen, da er schon auf Bewährung sei und es beim nächsten Mal nicht so „glimpflich“ ausgehen würde. Des Weiteren erwähnte sie die „arme“ Polizei, welche nur ihren Job mache und deswegen niemals gerechtfertigt als Zielscheibe dienen dürfe. Doch wenn tagtäglich faschistische Übergriffe, brennende Geflüchtetenunterkünfte oder Tote im Mittelmeer das Alltagsbild prägen ist es gerade umso wichtiger, noch entschlossener auf die Straße zu gehen. Wenn uns dabei die Staatsmacht als unerwünschten Störfaktor sieht und ihre Handlanger uns ständig angreifen, ist entschiedener Gegenprotest grundsätzlich legitim. Wir lassen uns nicht in gute und schlechte AntifaschistInnen spalten, sondern kämpfen weiter Seite an Seite für eine bessere Welt, jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung.

Alerta Antifaschista!

 

Soli

Die konstruierte Straftat – Prozessbeobachtung

Am 29.08.18 mobilisierte das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) zu einer Solidaritätskundgebung auf den Marienplatz in Stuttgart, um auf die in Chemnitz stattgefundenen pogromartigen Übergriffe auf Geflüchtete aufmerksam zu machen.

Im Anschluss formierte sich eine Spontandemonstration in Richtung Innenstadt, die immer wieder mutwillig und anlasslos von der Polizei angegriffen wurde. Mehrfach wurde auf die an der Demonstration teilnehmenden AntifaschistInnen eingeschlagen, was auf veröffentlichtem Video- und Bildmaterial klar zu erkennen ist. Auch die Landesgeschäftsführerin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) wurde von der Polizei attackiert.

Anschließend wurde der gewalttätige Polizeieinsatz sowohl in der Presse, als auch in der Kommunalpolitik zum Thema. Um den umstrittenen Einsatz der Stuttgarter Polizei zu rechtfertigen, wird jetzt versucht ein Exempel an einem Antifaschisten zu statuieren. Der Vorwurf: Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Die Staatsanwaltschaft will wieder einmal mit dem §114 Abs. 1 StGB gegen Linke vorgehen und nutzt die Verschärfung des Polizeigesetzes aus dem Jahr 2017, um bereits kleinste Widerstandhandlungen gegen die Polizei mit einer Freiheitsstrafe zu ahnden.

Lasst uns gemeinsam unseren Genossen beim Prozess am Montag, den 26.08.2019 um 8.30 Uhr, vor dem Stuttgarter Amtsgericht unterstützen.

Getroffen hat es einen, gemeint sind wir alle!

22.09.: Erlebnisbericht & Diskussion: Rechter Mob auf Menschenjagd. Was tun?

Am Samstag, den 22. September laden wir ab 18.30 Uhr alle Interessierten zu unserer Veranstaltung in den Württembergischen Kunstverein ein!

Starten werden wir mit einem kurzen Erlebnisbericht aus Chemnitz von einer Aktivistin, die zur Zeit der Ausschreitungen über mehrere Tage vor Ort war.

Im Anschluss wollen wir uns in einer Podiumsdiskussion mit der Frage beschäftigen, was wir hier vor Ort ganz konkret tun können, damit sich nicht auch Stuttgart in die Liste „Kandel, Chemnitz und Köthen“ einreiht.

Diskutieren werden VertreterInnen verschiedener Organisationen, die seit vielen Jahren gegen Nazis und Rechte in der Region aktiv sind:

Hannes Rockenbauch – Fraktionsvorsitzender von „SÖS-LINKE-PLUS“
Ein langjähriger Antifa-Aktivist aus Stuttgart
Janka Kluge – Geschäftsführerin der „VVN-BdA Baden-Württemberg“
Eine Vertreterin des Bündnis‘ „Stuttgart gegen Rechts“

Kommt vorbei, informiert euch und diskutiert mit!
Samstag, 22. September 2018 – 18:30 Uhr – Württembergischer Kunstverein
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Chemnitzer Zustände sind kein Zufall – ein Statement zum vergangenen Samstag

Wir sind aus Süddeutschland mit einer größeren Gruppe zu den Protesten am Samstag gereist. Wir haben die Notwendigkeit gesehen, die AntifaschistInnen vor Ort zu unterstützen und wollten so nach unserer Soli-Kundgebung am Mittwoch in Stuttgart auch tatkräftig vor Ort mitwirken.

Die medialen Berichte, die oftmals ein mindestens unvollständiges und meist völlig verdrehtes Bild der Geschehnisse in Chemnitz am Samstag zeichnen, nötigen uns, die Situation darzustellen wie sie tatsächlich war. Weiterlesen

Über 200 Menschen bei spontaner Solidaritätskundgebung nach Hetzjagdten in Chemnitz

Über 200 Menschen sind heute unserem spontanen Aufruf gefolgt und haben sich im Stuttgarter Süden an einer antifaschistischen Kundgebung beteiligt. In Anbetracht der Ereignisse der letzten Tage und der prekären Lage in Chemnitz ein wichtiges Zeichen.

In zwei Redebeiträgen (AABS und VVN-BdA) und auf einer Stellwand wurden die pogromartigen Ausschreitungen der letzten Tage thematisiert. Im Mittelpunkt stand dabei die Solidarität mit den AntifaschistInnen, die in Chemnitz dem braunen Mob die Stirn bieten. Das sie bei ihrem antifaschistischen Engagement vom Staat und der Polizei im Stich gelassen werden ist kein Wunder. Im Chemnitz wurde einmal mehr deutlich: Die Polizei ist Teil des Problems, nicht der Lösung.

Den Kampf gegen Rechts müssen wir selbst organisieren, darin waren sich Rednerinnen wie Moderation einig.

Im Anschluss an die Kundgebung zogen etwa 150 Menschen in einer spontanen Demonstration in Richtung Innenstadt. Dass auch die Stuttgarter Polizei und das Göppinger BFE die Ereignisse in Chemnitz richtig eingeordnet haben zeigte sich dann in der Tübingerstraße. Dort wurde die Demo nach wenigen hundert Metern mehrfach mit Pefferspray und Schlagstöcken angegriffen. Über Lautsprecher lies der Einsatzleiter verlauten, die Demo sei verboten – ein Hohn wenn man das Verhalten der Cops in Chemnitz betrachtet. Der Demo gelang es trotzdem mehrfach erfolgreich die Polizeiketten zu umgehen oder zu durchbrechen, erst auf Höhe des Einkaufszentrums Gerber wurde der Demonstrationszug beendet.

Alles in Allem ein wichtiges Zeichen. Wir lassen die Leute in Chemnitz nicht alleine. Ob vor Ort oder in Stuttgart: Dem braunen Mob keinen Meter!

>> Unser Flyer der heute verteilt wurde: flyer_chemnitz_web